Vorfahrt an der T‑Einmündung
Das OLG Saarbrücken hatte in seinem Urteil vom 29. März 2018 (Az. 4 U 56/17) über die Abgrenzung des Vorfahrtsbereichs an einer trichterförmig erweiterten T‑Einmündung zu entscheiden. Dabei wurde insbesondere geklärt, welche Teile der Einmündung vom Vorfahrtsrecht umfasst sind und welche nicht. Was ist eine T‑Einmündung? Eine T‑Einmündung liegt vor, wenn eine untergeordnete Straße in eine Hauptstraße einmündet, etwa so wie der Buchstabe „T“. Nicht zwingend wird der Verkehr durch Verkehrszeichen wie „Vorfahrt gewähren“ oder „Stopp“ für die einmündende Straße geregelt. Es kann sich hier auch um eine rechts-vor-links-Regelung handeln. Der Einmündungstrichter und seine Bedeutung Der sogenannte Einmündungstrichter bezeichnet den Bereich, in dem die einmündende Straße nach und nach in die Hauptstraße übergeht. Man kann sich das vorstellen wie einen Trichter: unten (näher am Einmündungsende) ist der Querschnitt breiter und verjüngt sich nach oben (weg von der Hauptstraße) hin. Im Urteil 4 U 56/17 hat das OLG Saarbrücken klargestellt, dass bei einer trichterförmigen Erweiterung der untergeordneten Straße nicht der gesamte Einmündungstrichter dem Vorfahrtsbereich zuzurechnen ist. Vielmehr erstreckt sich der geschützte Vorfahrtsbereich nur auf die linke Fahrbahnhälfte der untergeordneten Straße inklusive der trichterförmigen Erweiterung auf dieser Seite. Das heißt: Wenn in der trichterförmig erweiterten T‑Einmündung auf der linken Seite eine Erweiterung vorhanden ist, so gehört diese linke Hälfte (mit dem Trichteranteil) zum Vorfahrtsbereich für den Verkehr der Hauptstraße, aber nicht die gesamte Breite der Einmündung. Das OLG begründet dies damit, dass der Wartepflichtige (der einbiegende Verkehr) nur die Fahrbahnhälfte beanspruchen kann aber auch darf, die typischerweise in Richtung der Einmündung genutzt wird. Die gegenüberliegende Fahrbahnhälfte oder Randbereiche des Trichters können aus Sicht der Rechtsprechung nicht als automatisch mit dem Vorfahrtsbereich gedeckt gelten – insbesondere wenn dort keine typische Verkehrsführung vorgesehen ist. Auf welche Bereiche erstreckt sich also die Vorfahrt – und welche nicht?
Möchte jemand von der übergeordneten Straße in die untergeordnete Straße nach links abbiegen, so erstreckt sich sein Vorfahrtsbereich gegenüber dem Wartepflichtigen in der untergeordneten Straße auf die komplette übergeordnete Straße mit beiden Fahrstreifen sowie der aus Sicht des Wartepflichtigen linken Fahrbahnhälfte des Einmündungstrichters.
Daraus folgt: Ein vorfahrtsbrechtigtes Fahrzeug, das den aus Sicht des Wartepflichten rechten Trichterbereich benutzt und dadurch eine Kollision mit dem Wartepflichtigen verursacht, kann sich nicht mit dem Argument schützen, dass dieser Bereich dem Vorfahrtsbereich unterfalle. Das Urteil verdeutlicht also: Der sog. Einmündungstrichter ist nicht gleichzusetzen mit einem „freien Vorfahrtsbereich“ in der gesamten Ausdehnung. Nur soweit er in diejenige Fahrbahn geführt ist, die typischerweise durch den einmündenden Verkehr genutzt wird, ist er Teil des geschützten Bereichs. Andernfalls bestehen in Randbereichen erhöhte Risiken und keine automatische Vorfahrtsgewähr. Oder kurz: Auch im Einmündungstrichter hat man auf der Gegenfahrbahn nichts zu suchen.
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